Kommunikation und Demenz – verstehen und verstanden werden
In Deutschland leben schätzungsweise fast 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Der größte Teil von ihnen (etwa 65%) ist an der Demenz vom Typ Alzheimer erkrankt. Daneben gibt es rund 50 verschiedene weitere Demenzformen, die für das restliche Drittel der Erkrankungen verantwortlich sind. Auch wenn es die Demenz nicht gibt und Demenz nicht automatisch mit Alzheimer gleichgesetzt werden kann, haben die verschiedenen Krankheitsformen eine Gemeinsamkeit: die Fähigkeit sich verbal auszudrücken und Gesprochenes korrekt zu verstehen, nimmt mit der Zeit immer weiter ab.
Richtig über Demenz sprechen
Kommunikation bewirkt immer etwas, egal ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, im Umgang mit Betroffenen und auch mit Nicht-Betroffenen, teilweise sofort, manchmal erst verzögert. Wenn es um Kommunikation und Demenz geht, steht selbstverständlich eine angemessene Kommunikation mit den Betroffenen im Vordergrund.
Hierfür ist eine einfühlsame Haltung erforderlich, aber auch grundlegendes Wissen über die Erkrankung. So ist es beispielsweise sinnvoll von „Menschen mit Demenz“ zu sprechen und nicht von „den Dementen“, um den Menschen in den Vordergrund zu rücken und ihn nicht auf seine Erkrankung zu reduzieren. Dies ist auch als Ausdruck der eigenen Haltung zu verstehen.
Auch die Gleichstellung von Demenz und Alzheimer geht uns häufig schnell über die Lippen, greift aber zu kurz. Alzheimer ist eine Form von Demenz. Demenz bedeutet aber nicht automatisch Alzheimer – spätestens bei den krankheitsspezifischen Symptomen und Verläufen kann diese Unterscheidung sehr wichtig sein.
Und rufen Sie sich auch noch mal einen Satz vom Beginn dieses Artikels in Erinnerung: „Die Fähigkeit sich verbal auszudrücken und Gesprochenes korrekt zu verstehen, nimmt mit der Zeit immer weiter ab.“ Klingt etwas umständlich und es wäre leichter gewesen zu schreiben „die Fähigkeit zu kommunizieren nimmt mit der Zeit immer weiter ab“.
Aber Kommunikation findet nicht nur auf der verbalen Ebene, sondern auch nonverbal (über die Körpersprache) und paraverbal (über die Art wie wir etwas sagen). Und auch wenn die verbale Kommunikation eingeschränkt sein mag, ist eine nonverbale Kommunikation bis zum Lebensende möglich.
Richtig mit Menschen mit Demenz sprechen
Eine gute Kommunikation unterstützt das Verhältnis zu dementiell erkrankten Menschen, fördert die Beziehung und schafft Vertrauen. Hierfür muss die Art und Weise der Kommunikation auf allen drei Ebenen betrachtet werden.
1. Einfache, kurze Sätze verwenden: Sprechen Sie in einfachen, kurzen Sätzen und vermeiden Sie zu viele Informationen in einem Satz. Berücksichtigen Sie auch, dass Menschen mit Demenz eine längere Reaktionszeit benötigen. Lassen Sie ihm also etwas Zeit, um zu verstehen, was Sie gesagt haben. Wichtige Informationen sollten Sie dabei mehrfach wiederholen.
2. Geschlossene Fragen einsetzen: Vermeiden Sie offene Fragen, um Überforderung zu vermeiden. Statt „Möchtest Du das rote oder das blaue Hemd anziehen?“, fragen Sie lieber zunächst „Möchtest Du das rote Hemd anziehen?“. Warten Sie eine Reaktion ab und bieten Sie erst dann, falls notwendig, eine weitere Alternative.
3. Warum-Fragen vermeiden: Stellen Sie keine Warum-Fragen. Damit bringen Sie den Menschen in Verlegenheit. Er muss sich damit auseinandersetzen, dass er die Antwort nicht kennt, sein Verhalten selbst nicht begründen oder sich nicht richtig ausdrücken kann. Das kann zu Angst und Unsicherheit, aber auch zu aggressivem Verhalten führen.
4. Bestätigung ausdrücken: Jeder Mensch freut sich über Lob. Bestätigen Sie den Betroffenen positiv, wenn er selbstständig etwas erledigen konnte, auch wenn es sich scheinbar nur um Kleinigkeiten handelt. Vermeiden Sie Kritik und Diskussionen. Menschen mit Demenz können sachliche Argumente nicht mehr verstehen, spüren aber, wenn sich ihr Gegenüber aufregt. Diskussionen führen daher oftmals zu Streit oder Rückzug.
5. Nonverbale Kommunikation – die Körpersprache Mimik, Gestik und Körperhaltung beachten: Die Körpersprache bringt oftmals das innerliche Befinden sehr deutlich zum Ausdruck. Wenn Sie sich ärgern, wirkt ein Lächeln unecht und wird von den Betroffenen schnell durchschaut. Wer sich mutlos fühlt und die Schultern hängen lässt, wird sein Gegenüber schwerlich zu Bewegung und Aktivität motivieren können.
Bleiben Sie Sie selbst, damit die Körpersprache und das gesprochene Wort übereinstimmen.
6. Blickkontakt aufbauen: Bauen Sie immer Augenkontakt auf, bevor Sie ein Gespräch beginnen. Gehen Sie hierfür gegebenenfalls in die Hocke oder nehmen Sie sich einen Stuhl. Der Mensch mit Demenz hat dadurch die Möglichkeit, seine Aufmerksamkeit auf Sie zur richten. Wenn Sie den Menschen von oben oder von hinten ansprechen, kann das Angst auslösen und er zieht sich möglicherweise zurück. Demgegenüber vermittelt eine Ansprache auf Augenhöhe auch die Wertschätzung dem Menschen gegenüber.
7. Körperkontakt herstellen: Berühren Sie den Betroffenen leicht, zum Beispiel an der Schulter, um ihm Sicherheit zu vermitteln. Beobachten Sie dabei die Reaktion des Menschen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass ihm die Berührung unangenehm ist, beenden Sie diese.
8. Angemessen verabschieden: Genauso wie eine angemessene Begrüßung ist auch ein deutlicher Abschied notwendig. Weisen Sie den Betroffenen darauf hin, wenn Sie gehen müssen. Geben Sie ihm möglicherweise die Hand und vergrößern Sie langsam die Distanz. 9. Paraverbale Kommunikation – Wertschätzung entgegenbringen: Achten Sie auf einen wertschätzenden Umgang mit dem Betroffenen. Akzeptieren Sie die Realität, in der er lebt und versuchen Sie nicht, korrigierend auf ihn einzuwirken. Versuchen Sie, die Gefühle anzusprechen, die hinter den Aussagen des Menschen stehen. Auch wenn das logische Denken bei Menschen mit Demenz eingeschränkt ist, ist die Gefühlswelt immer noch intakt. Versuchen Sie also nicht logisch zu argumentieren, sondern nehmen Sie seine Gefühle ernst und gehen Sie darauf ein.
10. Keine negativen Emotionen einbringen: Wenn Sie selbst aufgebracht sind oder sich gerade geärgert haben, versuchen Sie zunächst sich zu beruhigen, bevor Sie den Kontakt mit einem Menschen mit Demenz suchen. Er kann Ihren Ärger zwar nicht verstehen, nimmt aber sehr wohl die negativen Emotionen wahr und reagiert dann selbst negativ auf Sie. Wenn Sie sich über den Menschen geärgert haben, bedenken Sie, dass seine Aussagen, auch wenn sie verletzend sein mögen, nicht gegen Sie als Mensch gerichtet sind, sondern ein Ausdruck seiner eigenen Verunsicherung und Ängste sind.
11. Verstehen und verstanden werden: Wenn Sie sich darauf einlassen, die Kommunikation mit einem dementiell erkrankten Menschen anzupassen, erhöhen Sie die Chance, von ihm verstanden zu werden.
Informationen über die Erkrankung tragen dazu bei, ihn auch selbst besser zu verstehen und sein Verhalten anders interpretieren zu können. Wenn Sie Fragen zu den verschiedenen Demenzformen haben oder Hilfe im Umgang mit einem Menschen mit Demenz benötigen, steht Ihnen unter anderem das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. zur Verfügung. Sie erreichen die erfahrenen Beraterinnen von Montag bis Donnerstag jeweils von 9 bis 18 Uhr und freitags von 9 bis 15 Uhr unter 030 /2 59 37 95 15. Zudem finden Sie umfangreiche Informationen auf der Seite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.